Tobi wrote: ↑Wed 3. Jul 2019, 15:02
Es gibt überhaupt keine rechtskräftige Zustellung von E-Mails.
Auch wenn ich dir nur sehr ungern widerspreche, aber in diesem Punkt muß ich es leider tun.
Ich brauchte nur etwas Zeit, um die Fakten zusammenzutragen, deswegen die verzögerte Antwort.
Zumindest in einem Rechtsstreit, den ich aus eigenem Erleben schildern kann, wurde entschieden, daß es durchaus rechtskräftige Zustellung von E-Mails gibt.
In dem Verfahren ging es darum, daß der Kläger einen Laufzeitvertrag form- und fristgerecht per Mail gekündigt hatte. Der Beklagte gab an, daß er die Mail nicht erhalten habe und bestand auf der Verlängerung des Laufzeitvertrages um ein weiteres Jahr.
Der Anwalt des Klägers forderte vom Betreiber des Mailservers, über den der Kläger die Mail versendet hatte, die zugehörigen Auszüge aus dem Mailserver-Log an, aus dem ersichtlich war, daß der empfangende Mailserver die Entgegennahme der Mail mit einem 250 OK erfolgreich bestätigt hatte.
Unter Bezug auf einen Beschluß des LAG Berlin-Brandenburg, 27.11.2012 - 15 Ta 2066/12, wo festgestellt wurde:
Eine Willenserklärung geht unter Abwesenden zu, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Eine E-Mail geht insofern zu, wenn sie in die Mailbox des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert wird.
...
Für den Zugang einer E-Mail kann möglicherweise eine Eingangs- oder Lesebestätigung einen Nachweis erbringen.
argumentierte der Anwalt, daß die Rückmeldung des empfangenden Mailservers über die erfolgreiche Entgegennahme der Mail als Eingangsbestätigung im Sinne des o.g. Beschlusses gewertet werden muß.
Dieser Argumentation ist das Gericht gefolgt und hat die Kündigung des Laufzeitvertrages zum ursprünglichen Zeitpunkt bestätigt.
Dies ist natürlich nur eine Einzelfallentscheidung und rechtlich auch nicht bindend für andere Gerichtsinstanzen, da es kein Grundsatzurteil ist.
Aber der Fall zeigt, daß die erfolgreiche Zustellung einer Mail durchaus in irgendwelchen Rechtsstreitigkeiten ausschlaggebend sein kann.
Ich will Catchall-Postfächer auch nicht grundsätzlich verdammen, die Einrichtung bzw. Nutzung dieses speziellen Postfachs kann und soll jeder Admin individuell entscheiden.
Ich wollte mit meinem vorherigen Post nur darauf hinweisen, daß man sich als Betreiber eines Mailservers unter gewissen Umständen rechtlich gesehen auf dünnes Eis begeben kann.